Grüne nominieren Unternehmer Jascha Rohr für Oberbürgermeisterwahl 2026. CDU kündigt Unterstützung an

Nominierung Jascha Rohr

Mittwoch, 2. Juli 2025. Für die mehr als 1000 Gäste beim „Sommerfest der Stiftung Bahn-Sozialwerk Oldenburg“ – besser bekannt als „Fokkis Weidenfest“ – heißt es schon kurz nach der Begrüßung: Aufbruch. Wegen des aufziehenden Gewitters muss das Fest aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden, kaum dass es begonnen hat. Die Gäste treten vom Regen durchnässt den Heimweg an.

Fast zur gleichen Zeit feiern die Oldenburger GRÜNEN wenige Kilometer entfernt in ihrer Aufstellungsversammlung im CORE einen Aufbruch ganz anderer Art: Der Vorschlag der parteiinternen Findungskommission, bei der Oberbürgermeisterwahl 2026 mit dem Unternehmer Jascha Rohr anzutreten, findet breite Zustimmung. 67 der 76 anwesenden stimmberechtigten Mitglieder sprechen sich für Jascha Rohr als OB-Kandidaten aus.

Unterstützung gibt es auch von ungewohnter Seite: Die CDU will auf einen eigenen Kandidaten verzichten und setzt ebenfalls auf Jascha Rohr, wie zu Beginn der Versammlung bekannt wird. Wenige Stunden zuvor hat der CDU-Kreisvorstand mit Niklas Howad an der Spitze die CDU-Mitglieder entsprechend informiert. Jascha Rohr werde sich in den kommenden Monaten in den Verbänden und Vereinigungen der CDU vorstellen. Die offizielle Nominierung durch die CDU-Mitglieder sei dann für die zweite Jahreshälfte geplant.

Mit ihrem gut abgestimmten Auftreten am Mittwochabend im CORE wollen Kandidat, GRÜNE und CDU ein Signal senden für einen Aufbruch (auch in der Stadtverwaltung), für die Bereitschaft zur Erneuerung und für den Anspruch, Verantwortung zu übernehmen und die Zukunft Oldenburgs aktiv zu gestalten. Jascha Rohr: „Wir haben den Willen zu zeigen, dass es geht.“

Nominierung Jascha Rohr

Jascha Rohr (49) ist Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Partizipatives Gestalten (seit 2008) sowie Gründer, Stifter und Vorstand der Cocreation Foundation (seit 2020), darüber hinaus hat er mehrere Vereine, Genossenschaften und Bürgerunternehmen bei der Gründung beraten und unterstützt. Er lebt in einer Ökosiedlung in Huntlosen und teilweise in Berlin. In seiner Bewerbungsrede bei den GRÜNEN präsentiert sich Jascha Rohr als einer, der sich in Oldenburg auskennt. Moin, Grünkohl, schwarzer Tee: All das gehöre zur Oldenburger Tradition. Er wisse seine Geburtsstadt Oldenburg aber auch als offene Universitätsstadt zu schätzen. Denn das Oldenburg der Gegenwart sei mehr als Traditionen und habe ein großes Potential für die Zukunft. „Oldenburg kann mehr! Oldenburg kann Großstadt!“

In diesem Zusammenhang erinnerte er daran, dass sich die Stadt verpflichtet hat, bis 2031 klimaneutral zu sein. Bis dahin sei es nur noch eine kurze Zeitspanne. Deshalb ist es für Jascha Rohr jetzt an der Zeit, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen und sich auf absehbare Folgen der Klimaerwärmung einzustellen. „Wir müssen jetzt die Stadt entwickeln, in der es sich auch in zehn, 20, 50 Jahren gut leben lässt.“ Dazu gehören für ihn unter anderem begrünte und mit Solarpaneelen ausgestattete Dächer und Fassaden. Überhaupt entwirft er ein Bild Oldenburgs mit deutlich mehr Grün, wodurch sich die Stadt künftig auch bei Hitze kühl und frisch anfühlen werde. Die Innenstadt denkt Jascha Rohr über die Fußgängerzone hinaus weiter bis zum Hauptbahnhof und zum Hafen. Ein wiederhergestellter Ringlockschuppen und eine hohe (grüne) Aufenthaltsqualität auf dem brachliegenden Gelände drumherum, schließen sich an. Mehr Grünflächen, mehr Cafés, mehr Kultur (so wie beispielsweise 2018 der Theaterhafen) und ein wiederbelebtes Freifeldfestival gehören ebenfalls zu seinem Bild vom Oldenburg der Zukunft.

Das alles ist aber nur ein Teil seiner Vorstellungen. „Ich möchte, dass Oldenburg attraktiv ist für alle, die sich hier etwas aufbauen wollen.“ Fachkräfte, Handwerk, Studierende, die hierbleiben wollen, junge Familien: Sie alle würden gebraucht, um die bestmögliche Zukunft zu gestalten. Dann würden auch die Steuereinnahmen steigen, die es braucht, um die Entwicklung zu finanzieren.

Und wie will er das schaffen? – „Mit euch. Im Team mit der Verwaltung. Mit den Parteien, den Medien, den Bürgern dieser Stadt. Ich habe eine Haltung und ein Ziel. Den Weg werden wir nur gemeinsam gehen können.“ Schon im Wahlkampf will er sich mit einer mobilen „Stadtwerkstatt“ in die Stadtteile begeben und das Gespräch mit den Bürger*innen suchen: Was brennt ihnen unter den Nägeln? Was fehlt ihnen? Was wünschen sie sich?

Dass er Dialogprozesse gestalten kann und auf ein kooperatives Miteinander setzt, hatte Jascha Rohr unter anderem im sogenannten Fliegerhorst-Projekt gezeigt, in dem Bürger*innen aufgerufen waren, ihre Ideen für eine künftige Nutzung des Areals einzubringen. Die enge Zusammenarbeit mit Akteuren aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft bei der Suche nach nachhaltigen Lösungen in komplexen Zusammenhängen sind für ihn bewährte Praxis. Kollegial und kooperativ statt hierarchisch stellt er sich auch die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung und den Umgang zwischen Oberbürgermeister und Rat vor. Denn ohne ihn wird es nicht gehen. „Die Politik macht nicht der Oberbürgermeister, sondern der Rat.“ Dass er kein Berufspolitiker sei, könne auch ein Vorteil sein.

Die parteiinterne Findungskommission der GRÜNEN, die im März 2024 von der Mitgliederversammlung mit der Suche nach einem geeigneten OB-Kandidaten/einer geeigneten OB-Kandidatin betraut worden war, hatte sich zuvor mit 30 Personalvorschlägen und sechs Interessenbekundungen befasst, wie Andrea Hufeland den Mitgliedern erläuterte. Von den drei Frauen und zwei Männern, die es nach vielen intensiven Gesprächen in die engere Auswahl schafften, setzte sich schließlich Jascha Rohr als überzeugendster Bewerber durch. Bei der Entscheidung herrschte große Einigkeit, versicherte die Berichterstatterin mit Blick auf die zwischenzeitlich vereinzelt parteiintern aufgekeimte Kritik, dass keine Frau vorgeschlagen wurde. Andrea Hufeland: „Wir waren uns sehr, sehr einig.“

Die Zusammenarbeit zwischen GRÜNEN und CDU bei Oberbürgermeisterwahlen in Oldenburg ist nicht neu. Bei der Stichwahl 2006 unterstützen beide Parteien gemeinsam den am Ende siegreichen Ex-Grünen Gerd Schwandner.